Kasperletheater

15. Januar 2011

Am 28. Juli 2010 hatte ich geschrieben: „Die Bühne für die Inszenierung des Schauspiels ist jetzt angerichtet. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet kurz vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause. Das Bundesjustizministerium verkündet im Anschluss die Fertigstellung seiner Studie und den Beginn eines Gesetzgebungsvorhabens. (…) Der Koalitionspartner FDP nimmt mit einem Rösselsprung die Postion für ein gemeinsames Sorgerecht ab Geburt ein. Der Koalitionspartner CDU nimmt, mit dem fadenscheinigen Argument, die Ehe verteidigen zu wollen, die Position gegen ein gemeinsames Sorgerecht ein. Zwischen diesen beiden Positionen wird dann Frau Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die im Drehbuch vorgesehene Lösung unter Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht dramatisch vermitteln.“

Das Schauspiel ist inzwischen mit diesem Drehbuch über die Bühne gegangen.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 21.07.2010 entschieden.

Anfang Oktober 2010 ist ein Zwischenbericht der Studie erstellt worden.

Daraufhin hat Frau Leutheusser-Scharrenberger (FDP), die in der Vergangenheit stets gegen ein gemeinsames Sorgerecht gewirkt hat, eine gesetzliche Regelung vorgeschlagen, nach der nicht eheliche Väter mit der Anerkennung der Vaterschaft das Sorgerecht erhalten.

Anschließend hat die CDU, die gerade gemäß ihrem Koalitionsvertrag mit der FDP die weitgehende Gleichstellung der homosexuellen Lebensgemeinschaft mit der Ehe beschlossen hatte, im Januar 2011 erklärt, ein gemeinsames Sorgerecht nicht verheirateter Väter für ihre Kinder werde es mit ihr nicht geben: die CDU schütze die Ehe.

Nunmehr hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger als sogenannten Kompromißvorschlag die gewünschte Minimallösung vorgelegt.

Das entspricht der Minimallösung, welche die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bereits im Jahr 2008 vorsorglich in den Bundestag eingebracht hatte, falls die Bundesrepublik Deutschland durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gezwungen werden sollte, den Ausschluß nicht ehelicher Väter von der Justizgewährung zu beenden.

Frau Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) hatte den damaligen Entwurf so begründet: 

Im April dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage zum § 1626a angenommen. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bundesregierung dort zu verteidigen gedenkt. (…) Mit unserem Antrag legen wir das vor, was sich als zwingende Konsequenz ergibt: eine moderate Öffnung der jetzigen Regelung für die Väter.“

Am 26. Juni 2008 debattierten die Parteien im Deutschen Bundestag über diesen Antrag. Es sprachen:

Ute Granold (CDU/CSU);

Christine Lambrecht (SPD);

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP);

Jörn Wunderlich (Die Linke);

Ekin Deligöz (Bündnis 90/ Die Grünen).

Im Ergebnis wurde der Antrag in die Ausschüsse für Familie und Recht verwiesen. Einen Auszug des dazu gehörenden Plenarprotokolls 16/172 vom 26.06.2008 mit den Redebeiträgen finden Sie nebenstehend. Anlage

Am 2. Juli 2009 debattierten die Parteien im Deutschen Bundestag über die Empfehlung der Ausschüsse, den Antrag der Grünen abzulehnen. Es sprachen:

Ute Granold (CDU/CSU);

Christine Lambrecht (SPD);

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP);

Jörn Wunderlich (Die Linke);

Ekin Deligöz (Bündnis 90/ Die Grünen).

Im Ergebnis wurde der Antrag (auf Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens) abgelehnt. Einen Auszug des dazu gehörenden Plenarprotokolls 16/231 vom 02.07.2009 mit den Redebeiträgen finden Sie nebenstehend. Anlage

Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 3. Dezember 2009 gezwungen worden ist, den Ausschluß nicht ehelicher Väter von der Justizgewährung mit seiner Entscheidung vom 21. Juli 2010 zu beenden, hat die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen Ende 2010 erneut einen Antrag in den Bundestag eingebracht, um die daraus resultierende Chance der nicht ehelichen Väter auf ein gemeinsames Sorgerecht für ihre Kinder auf ein Minimum zu begrenzen.

Am 28. Januar 2011 haben die Parteien im Deutschen Bundestag über diesen Antrag debattiert. Es sprachen:

Ute Granold (CDU/CSU);

Christine Lambrecht (SPD);

Stephan Thomae (FDP);

Jörn Wunderlich (Die Linke);

Katja Dörner (Bündnis 90/ Die Grünen).

Im Ergebnis wurde der Antrag in die Ausschüsse für Familie und Recht verwiesen. Einen Auszug des dazu gehörenden Plenarprotokolls 17/88 mit den Redebeiträgen finden Sie nebenstehend. Anlage