nebenbei
Am 13.03.2023 wird berichtet, die Regierung Scholz habe in den Ausschüssen nun die geplanten Änderungen an ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlrechts vorgenommen und werde dieses Gesetz „am Donnerstag oder Freitag“, also entweder in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 16. oder am 17.03.2023 beschliessen, in deren Tagesordnung das mit Stand vom 14.03.2023 selbstverständlich noch nicht angegeben und erst recht nicht der geänderte Entwurf (Beschlussvorlage) veröffentlicht ist, um der Bevölkerung nicht die Überraschung bei der Abschaffung ihres Wahlrechts zu verderben. Das Zusammenfallen mit einer vereinbarten Debatte zum Internationalen Frauentag am 16.03.2023 lässt nichts Gutes ahnen (Abschaffung der freien Wahl durch eine Frauenquote als staatlich geregeltes Wahlergebnis aus höherem Recht).
Am Nachmittag des 14.03.2023 hat die Regierung Scholz dann für den Beginn der Sitzung am 17.03.2023 als Zusatztagesordnungspunkt vor der vereinbarten Debatte zum Internationalen Frauentag die Änderung des Bundeswahlgesetzes aufgenommen. Die Beschlussvorlagen werden selbstverständlich erst kurz vor der Abstimmung veröffentlicht, damit das Volk, über dessen Wahlrecht abgestimmt werden soll, nichts davon erfährt. Aber politisch zuverlässigen Medien wird wie üblich der geänderte Gesetzentwurf bekannt gegeben („geleakt“), die dann gefiltert der Öffentlichkeit mit dem Schein der Vollständigkeit berichten, wie gut es sei, weil damit die Anzahl der Abgeordneten verringert würde, und zur Ablenkung eine scheinbar öffentliche Diskussion des Entwurfs in der Frage der Direktmandate entfachen: „Kurz vor der finalen Abstimmung im Parlament haben SPD, Grüne und FDP ihren bisherigen Entwurf für ein neues Bundeswahlgesetz an mehreren Stellen zum Teil gravierend verändert. Eine Änderung in dem neuen Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, betrifft die Größe des Bundestags„. taz
So geht nun die zweite deutsche Republik mit der Regierung Scholz unter. Ganz nebenbei.
Die Beschlussempfehlung wird also, obwohl öffentliche Angelegenheit, nur bestimmen Personen bekannt gegeben und diese Vorgehensweise als heimlich dargestellt („geleakt“), damit kein Mitglied der Öffentlichkeit (Angehöriger des Volkes / demos) gleichfalls die Bekanntgabe verlangen kann, die eigentlich selbstverständlich sein sollte. Ich habe am 15.03.2023 die Pressestelle des Bundestages unter Hinweis auf die Teil-Veröffentlichung der taz als Bürger oder Teil der Presse um unverzügliche Bekanntgabe der Beschlussempfehlung noch vor dem 17.03.2023 gebeten.
Man könnte zunächst fragen, wie es mit dem Prinzip der Verfassung in Einklang zu bringen ist, wenn eine geplante Änderung des Bundeswahlgesetzes dem Volk (demos) bewusst nicht vor der Abstimmung bekannt gegeben wird.
Man könnte weiter fragen, wie die Verwaltung des Bundestages organisiert ist, wenn eine solche Beschlussempfehlung dennoch an bestimmte Personen bekannt gegeben („geleakt“) wird.
In dem Fall eines solchen „Lecks“ sollte dann aber auch der Rest der Bevölkerung Anspruch auf diese Bekanntgabe haben, weil diese Vorgehensweise inzwischen regelmäßig auftritt und demnach einer planmäßige Vorgehensweise entspricht, mit der ein eben solcher Anspruch umgangen werden soll.
Die Argumentation des „leaken“ lautet im Allgemeinen, wieder einmal habe ein unbekannter Mitarbeiter gegen den Willen der Behörde etwas bekanntgegeben und wieder einmal könne die Behörde diesen Mitarbeiter nicht ermitteln und weiterhin wolle die Behörde niemanden anderem etwas bekannt geben.
Nachdem ich bis zum 16.03.2023 keine Antwort erhielt, habe ich mich mit diesem Anliegen am Morgen des 16.03.2023 auch an die Bundestagsverwaltung, den Innenausschuss und an die Fraktionen der Grüne Partei, der SPD und der FDP gewandt.
Da ich der einzige zu sein scheine, der sich bemüht, den Inhalt der Beschlussvorlage zur Änderung des Bundeswahlgesetzes dem Volk (demos) vor der Abstimmung der Abgeordneten vollständig bekannt zu machen, erfülle ich anscheinend in Bezug auf diesen Sachverhalt an diesem Tag als einzige natürliche oder juristische Person in Deutschland den Begriff der Presse.
Die Pressestelle des Bundestages hat aber dann am 16.03.2023 gegen 09:30 Uhr, die Fraktion der FDP gegen 09:54 Uhr, die Fraktion der SPD gegen 11:45 Uhr und der Ausschuss für Inneres hat gegen 15:00 Uhr freundlicher Weise mitgeteilt, die Beschlussempfehlung sei hier abrufbar. Ich schreibe das so der Höflichkeit halber. (Nachtrag: mit einer E-Mail vom 26.04.2023 hat mir dann auch die Fraktion der Grünen Partei mitgeteilt, wo die Beschlussempfehlung zu finden sei.)
In der Nacht vom 16.03. auf den 17.03.2023 hat die Verwaltung des Bundestages einen Hinweis auf die Beschlussempfehlung BT Drucks. 20/6015 dann auch in die veröffentlichte Tagesordnung für de n17.03.2023 eingestellt und einen Beitrag dazu veröffentlicht.
Demnach bleibt es zunächst bei der Verringerung der Zahl der direkt gewählten Abgeordneten zugunsten der Wahl von Abgeordneten, deren Auswahl durch Listen der Parteien bestimmt wird. Man darf allerdings nicht die am 16.03.2022 auf Veranlassung der Regierung Scholz zu dem Zweck der Reform des Wahlrechts gebildete Kommission vergessen, deren Abschlussbericht mit Vorschlägen für eine Frauenquote, eine Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre und einer Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre, spätestens bis zum 23.06.2023 vorgelegt werden soll. Demnach handelt es sich hier nur um einen ersten Schritt, da die Abschaffung der direkten Wahl zugunsten der Listenwahl eine Voraussetzung für die Einführung von staatlichen Quotenregelungen (Frauenquote) über die Kandidatenlisten der Parteien ist. Amtl. Protokoll
Das ist kein Endpunkt in der anti-demokratischen Programmatik der Regierung Scholz.
Nach der Abstimmung beginnt ab dem 18.03.2023 in den Medien eine Diskussion über die Änderung des Bundeswahlgesetzes, wonach diese nicht so übereilt und ohne vorherige Diskussion hätte stattfinden sollen. So schreibt die Berliner Zeitung – nach der Abstimmung – in einer Überschrift: „Das Volk wird sich noch wundern, was heute verabschiedet wurde„.
Der Begriff der Presse muss also um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal erweitert werden, wonach unter den Begriff der Presse nur Publizisten gehören, welche anstelle der Öffentlichkeit exklusiv Informationen über laufende Gesetzgebungsverfahren erhalten und als Gegenleistung dafür bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens darüber nur unvollständig und nach dessen Abschluss erst kritisch darüber berichten.
Einen Tag nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes fordert die Präsidentin des Abgeordnetenhauses (SPD) stellvertretend für Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz „in dieser Wahlperiode noch ein Paket zum Wahlrecht zu schnüren“. Darin könnten „neben der Parität im Bundestag das Wahlrecht ab 16 und eine Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre enthalten sein“, erläuterte die Parlamentspräsidentin. welt
In einer Presseerklärung vom 28.03.2023 teilt das Bundesverfassungsgericht mit:
„Seit vielen Jahren stellt das Bundesverfassungsgericht den Vollmitgliedern der Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V. im Interesse zeitnaher, fachlich fundierter Berichterstattung die Pressemitteilungen zu bevorstehenden Entscheidungsveröffentlichungen vorab mit Sperrfristvermerk zur Verfügung. Diese Vorabinformationspraxis ist in den Richtlinien über die Bekanntgabe von Pressemitteilungen aus dem Jahr 2013 niedergelegt.
Im Hinblick auf die in den vergangenen Jahren eingetretenen Veränderungen des Umfelds überdenkt das Bundesverfassungsgericht gegenwärtig seine gesamten Kommunikationsstrukturen und -abläufe. Vor diesem Hintergrund wendet das Gericht die vorerwähnte Vorabinformationspraxis zunächst im 2. und 3. Quartal 2023 nicht an„.