Rechtsstaat

17. November 2024

Die Internetseite des Landgericht Berlin II (Zivilsachen) gibt seit nunmehr etwa einem halben Jahr an, wegen des Personalmangels in der Eingangsregistratur komme es zu Verzögerungen bei der Vergabe von Geschäftszeichen (Aktenzeichen) für neu eingehende Klagen. Man bitte von Sachstandsanfragen abzusehen. Die Vergabe von Aktenzeichen geht einher mit der Zuordnung neu eingehender Klagen und Anträge zu einer Kammer, ist also Voraussetzung für den Beginn der Bearbeitung. Ich habe in einem Fall im Jahr 2024 nach Einreichung der Klage zwei Monate warten müssen, bis die Sache ein Geschäftszeichen erhielt und erstmals einem Richter vorlag. Und mit Nachfragen kommt man nun als Partei in Konflikt mit dem Gericht, weil man eine Klage eingereicht hat. Wobei die Richter selbst darunter leiden und immer neue Vermeidungsstrategien entwickeln müssen. 

Das beginnt damit, dass die mit drei Richtern besetzten Zivilkammern zu ihrer Entlastung inzwischen alle neuen Sachen auf den Einzelrichter übertragen, weil sie einfach gelagert seien. Dagegen gibt es kein Rechtsmittel. Diese Einzelrichter – oft Richter auf Probe – bleiben inzwischen aber nicht mehr lange in der Kammer und schieben die Sachen dann zunehmend so, dass sie erst nach ihrem Ausscheiden durch ihren Nachfolger behandelt werden müssen, meist mit der Begründung des Umfangs und der Komplexität, der dann erst Recht keine Lust dazu hat, diese zusätzlich zu dem ihm neu zugewiesenen Fällen zu bearbeiten. Die Parteien haben nun aber auch nicht das Recht, die Rückübertragung auf die Kammer zu verlangen, die eigentlich vorgesehen ist, falls die Sache sich doch als zu aufwendig für die Bearbeitung durch den Einzelrichter erweist. 

In drei der von mir geführten Verfahren vor dem Landgericht Berlin II haben die Richter Mitte des Jahres 2024 Termine zur mündlichen Verhandlung um Weihnachten 2024 anberaumt, am 19. und 20. Dezember und 7. Januar, in der Hoffnung, damit habe man dann formal noch im Jahr 2024 Termin anberaumt, aber eine Partei werde schon einen Antrag auf Verlegung stellen (als das im letzten Jahr begann, habe ich noch an einen statistischen Ausreißer geglaubt). In einem Fall ist das auch prompt geschehen. In einem weiteren Fall hat die Einzelrichterin dann nach vergeblichem Abwarten einfach selbst die Verlegung beantragt und vorgenommen (aus den inzwischen sprichwörtlichen „dienstlichen Gründen“). Auf telefonische Nachfrage erklärte die Richterin, sie habe an dem zunächst von ihr festgelegten Termin Urlaub. Auf meine schriftliche Bitte, den Zeitpunkt des Urlaubsantrags mitzuteilen, erklärte die Einzel-Richterin dann, sie habe nur überlegt, an diesem Tag Urlaub zu nehmen, aber sie scheide eine Woche nach dem Termin aus der Kammer aus und weil die Sache so umfangreich sei, reiche dann die Zeit nicht mehr, um das Urteil zu erstellen. Ich habe dann formal beantragt, die Richterin möge die Sache der Kammer zur Übernahme antragen, weil sie als Einzelrichterin zur Bearbeitung wegen des Umfangs nicht in der Lage ist, aber das ist nicht geschehen. Damit bliebe nur ein Ablehnungsantrag.  

Vor dem Landgericht Cottbus hatte ich einen Antrag auf Prozesskostenhilfe geführt, der entscheidungsreif war, aber das Gericht hat immer wieder nur der jeweils anderen Seite eine Stellungnahmefrist zu dem letzten Schriftsatz der anderen Partei gesetzt. Nachdem ich dann eine Verzögerungsrüge erhoben habe, die bei den Richtern im Allgemeinen eigentlich nur noch zu Achselzucken führt, wurde Prozesskostenhilfe bewilligt und ich erhielt freundlicher Weise den (nachvollziehbaren) Hinweis, die Kammer habe einen Rückstand von über 1.000 Verfahren, der bis in das Jahr 2019 zurück reiche. Nach Klageerhebung geht die Schriftsatzschaukel nun (nachvollziehbarer Weise) im Klageverfahren weiter. Kurz darauf wurde in der Fachzeitschrift ZVI über die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags eines mir unbekannten Kollegen gegen die drei Richter in einer anderen Kammer des Landgerichts Cottbus berichtet, der mit der Untätigkeit der Kammer über mehrere Jahre in einem Klageverfahren begründet war (LG Cottbus Beschl. v. 14.04.2023 – 3 O 35/18, NZI 2024, 898). In der Begründung der Zurückweisung des Ablehnungsantrags durch das Landgericht Cottbus heißt es:  „Die hier eingetretenen Verzögerungen sind (nicht nur in der 3. Zivilkammer) leider keine Seltenheit. Sie liegen im Gegenteil noch im Rahmen des Üblichen. Das hängt – wie auch hier beispielhaft ersichtlich – insbesondere bei dem LG Cottbus in den letzten Jahren mit häufigen Dezernatswechseln zusammen, die angesichts eines massiv verstärkten Einsatzes von Proberichterinnen und Proberichtern unvermeidbar waren“ (Klageerhebung war Ende 2015, das Urteil erging im Juli 2024 – einen solchen Fall mit inzwischen fünf aufeinander folgenden Richtern kenne ich auch). 

Und entsprechendes spielt sich, wegen Personalmangel und Krankenstand, auch in dem Bereich der Zwangsvollstreckung ab. 

Während der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen (GRÜNE Partei, dank CDU) nun seine dienstliche Beurteilung als fehlerhaft zurückziehen ließ, mit der er eine ihm politisch gewogene Person in das Amt des Präsidenten des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster bringen wollte, bevor das Gericht darüber entscheidet. welt

Der nicht zurücktritt, weil er ein Grüner Mensch ist.