Andreas Voßkuhle

20. Mai 2023

Ich möchte in Erinnerung halten, wer am Anfang des politischen Niedergangs der zweiten deutschen Republik stand. Es war Herr Andreas Voßkuhle, der als Richter der SPD im Bundesverfassungsgericht und Vorsitzender des Zweitens Senats des Bundesverfassungsgerichts in dem Termin zur Verkündung des Urteils über den Antrag auf Verbot der NPD (2 BvB 1/17) am 17.01.2017 an die Vertreter der Antragsteller gewandt erklärte, das Bundesverfassungsgericht werde sich einer Benachteiligung einzelner Parteien durch eine Mehrheit von Parteien unterhalb der Ebene eines Verbotes nicht entgegen stellen. In dem Urteil selbst, das lang und breit erklärt, warum das Grundgesetz zum Schutz der Verfassung als demokratischer Rechtsstaat das Verbot einer Partei nur durch das Bundesverfassungsgericht und nach hohen Hürden erlaubt (Rn. 510 f), findet sich ein Hinweis darauf nur bei Randnummer 527 a. E. 

Unter Bezug darauf folgte am 16.05.2017 der Entwurf eines Gesetzes zur Einfügung eines neuen Absatz 3 in den Art. 21 GG, wonach unter wörtlich (fast) gleichen Voraussetzungen zu einem Parteiverbot das Bundesverfassungsgericht auf Antrag den Ausschluss einer Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung anordnen kann, die im Unterschied zu einem Parteiverbot in Absatz 2 nicht ‚darauf ausgehen‘, sondern bloß darauf ‚ausgerichtet‘ sein muss. BT-Drucks. 18/12357

Damit hat  Herr Voßkuhle unter Umgehung des Art. 21 Abs. 2 GG eine Möglichkeit zur Diskriminierung nicht verbotener Parteien geschaffen, die in ihrer Wirkung gerade wegen ihrer geringeren Voraussetzungen schwer wiegender ist.

Herr Voßkuhle hat mit seiner Empfehlung an die Stelle des Wettbewerbs der Parteien die Definition der Verfassungsfeindlichkeit gesetzt. Er hat damit ein auf Grund des Art. 20 Abs. 2 GG stillschweigend praktiziertes gesellschaftliches Regelwerk, das bestimmte Verhaltensweisen auf elementare Weise verbietet, aufgehoben.

Das führte unter anderem zu der Verweigerung der Position eines Vize-Präsidenten des Bundestages gegenüber der größten Oppositionspartei, weil diese die politischen Ziele der Regierung Scholz nicht teilt. 

Das führte zu der Vorstellung, bei der anstehenden gesetzlichen Regelung der staatlichen Finanzierung der parteinahen Stiftungen solche Parteien auszuschließen, die durch den von einer Mehrheit der Parteien ausgewählten Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich erklärt werden, der anstelle der Fahne der Republik die Fahne einer politischen Bewegung hisst. 

Und das führt zu einem Berater der Regierung Scholz („einer der angesehensten Staatsrechtler Deutschlands“), der öffentlich über ‚Instrumente‘ sinnieren kann, welche die Regierung Scholz einführen wolle, um gegen ein Bundesland vorzugehen, dessen Bevölkerung mehrheitlich eine Partei wählt, welche die politischen Ziele der Regierung Scholz nicht teilt.

Dabei erscheint die Schlussfolgerung unvollständig, der Staat (die anderen Parteien) dürfte zwar eine Partei nur als ultima ratio verbieten, müsse diese aber nicht finanzieren. Die Überlegung müsste zunächst von der Frage ausgehen, auf welcher Grundlage der Staat (die Steuererhebung) überhaupt Parteien finanziert, und ob diese, in die Verfassung hinein gelesene Grundlage durch einen Ausschluss einzelner Parteien von dem Wettbewerb der Parteien nicht entfällt. Die richtige Schlussfolgerung wäre ausgehend von dem Schutz der Freiheit der Parteien und der Unabhängigkeit des Volkes (demos) von den Parteien dann womöglich gewesen, keine Partei mehr aus der Steuererhebung zu finanzieren, da diese Finanzierung bereits einen systematischen Fehler beinhaltet (aber das Verfassungsgericht hat nun kürzlich erst entschieden, die Finanzierung der Parteien durch den Staat brauche nur eine gesetzliche Grundlage durch eine Mehrheit der Parteien, die dabei wiederum nicht verbotene Parteien diskriminieren dürfen).  

Dass eine CDU, welche in vier Bundesländern eine Regierung mit der Grüne Partei gebildet hat, Herrn Kretschmer in Sachsen Positionen vertreten lässt, die scheinbar den Interessen einer Mehrheit der wählenden Bevölkerung entspricht, also scheinbar der AfD, bedeutet psychologisch nur, sie werde diese Positionen niemals anwenden, wie sich schnell in der Überlegung zeigt, ob die CDU mit der AfD eine Koalition eingehen würde, um diese Positionen umzusetzen. Statt dessen heißt es, wenn die AfD bei der Landtagswahl stärkste Kraft werde und „zumindest pro forma den Ministerpräsidentenposten beanspruchen könnte, hätte das extreme Symbolkraft“. Tagesspiegel

Das meint doch, falls eine Mehrheit der Bevölkerung, die nicht absolute Mehrheit ist, eine nicht verbotene Partei wählt, wirke das nur ‚pro forma‘, weil die anderen Parteien mit der Willen der Bevölkerung nicht einverstanden sind. 

Was bedeutet, es findet überhaupt kein politischer Wettbewerb mehr statt.