Gleichstellung
Der zwölfte Senat des Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 15. Juni 2016 (XII ZB 419/15) den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgericht vom 3. August 2015 -13 UF 50/15- (Rechtsanwendung) über die (fehlende) Erheblichkeit streitiger Auseinandersetzungen zwischen den Eltern für die Entscheidung über den Antrag des Vaters auf ein gemeinsames Sorgerecht nach der Neufassung des § 1626a BGB aufgehoben.
Damit hat der zwölfte Senat des Bundesgerichtshofs, wie es der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der mittels des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erzwungenen Reform des § 1626a BGB intendierte, die rechtliche Situation für nicht verheiratete Väter im Ergebnis wieder dem Stand vor der Entscheidung des EGMR gleich gestellt.
Das ist nachvollziehbar, denn natürliche Väter durften keine rechtliche Beziehung zu ihren Kindern erhalten, wenn man die Ehe als rechtliches Verhältnis zweier Menschen definieren will, die füreinander Verantwortung übernehmen, und aus der allein abstrakt rechtliche Beziehungen zu Kindern entstehen, um das Ziel der homosexuellen Ehe zu erreichen.
Durch die Neufassung sollen nach Auffassung des zwölften Senats keine unterschiedlichen Grundsätze zur früheren Rechtslage gelten. Die Entscheidung setze die Feststellung voraus, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspreche. Darüber entscheide auch, ob es im Verhältnis der Eltern an einer Grundlage für ein Zusammenwirken im Sinne des Kindeswohls fehlt (Rn. 21). Eine in Rechtsprechung und Literatur mit dem Oberlandesgericht vertretene Ansicht, nach der die Neuregelung ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, einen Vorrang oder eine Vermutung zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge begründe, (..), und die Auffassung, für Umstände, die der Übertragung der Sorge gemeinsam entgegen stehen, sei ein höheres Beweismaß zu fordern (..), finden nach Auffassung des Bundesgerichtshof im Gesetz keine Stütze (Rn. 35). Daher sei eine Entscheidung im vereinfachten Verfahren nicht zulässig.
Das ist wenig überraschend, nachdem es der zwölfte Senat des Bundesgerichtshofs war, der nicht eheliche Väter von der Justizgewährung gegen die Verweigerung eines gemeinsamen Sorgerechtes durch die nicht eheliche Mutter ausgeschlossen hatte und die Ausschüsse für Recht und Frauen des Bundesrates in dem (durch den EGMR erzwungenen) Gesetzgebungsverfahren dann das vereinfachte Verfahren zur Begründung der gemeinsamen Sorge abgelehnt haben.
Denn grundsätzlich sei, so die damalige Begründung des Bundesrates, bei der Verweigerung des gemeinsamen Sorgerechts durch die nicht eheliche Mutter von einem Konflikt zwischen den Eltern auszugehen. Die in dem Entwurf der Gesetzänderung enthaltene gesetzliche Vermutung, es lägen gegen die Übertragung des Sorgerechts keine kindeswohlrelevanten Gründe vor, wenn die Mutter dies nicht vorträgt, und sie dem Gericht auch sonst nicht ersichtlich sind, sollten daher nach Auffassung des Bundesrates nicht Gesetz werden (entfallen). Denn diese Annahme sei nicht tragfähig. Die Gerichte sollten vielmehr weiterhin umfassend die Auswirkung eines Sorgerechts des natürlichen Vaters auf das Kindeswohl überprüfen, denn nur dies würde dem staatlichen Wächteramt für das Kindeswohl gerecht (S. 6 f). BR-Drs. 465/1/12
Der zwölfte Senat des Bundesgerichtshofes hat diese Vorstellungen nun nachträglich umgesetzt und zum Gesetz gemacht. Das bedeutet nicht etwa, das Gericht stelle sich gegen den Gesetzgeber, sondern das Gericht setzt den der Neufassung immanenten Willen des Gesetzgebers um. Daher kann das Oberlandesgericht Hamm mit einem Beschluss vom 24.05.2016 (3 UF 139/15) erklären, es sei eine weitgehend akademische Frage, ob es sich bei dem §1626a BGB nF um ein neues Leitbild oder ein neues Regel-Ausnahme-Verhältnis handele. Die fortbestehende Alleinsorge der Kindesmutter sei vorzuziehen, wenn kein Konsens zwischen den Eltern besteht.
Was der Bundesrat allerdings in seiner damaligen Stellungnahme gefordert hat, war mit der Reform ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht für eingetragene homosexuelle Partnerschaften einzuführen (S. 8). BR-Drs. 465/1/12
Mit Beschluss vom 05.08.2016 – 551 F 7061/12 – hat das Amtsgericht München diese Forderung umgesetzt und entschieden, zwei Partnerinnen einer eingetragenen Lebensgemeinschaft könnten gemeinsam als Vormünder für ein Pflegekind bestellt werden (Fremdadoptionsrecht). Pressemitteilung
Nachdem der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 bereits die Stiefkindadoption eingeführt habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb eingetragene Lebenspartner dann nicht auch gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden können. Die Bestellung nur einer Pflegemutter würde im Übrigen auch dem Kindeswohl widersprechen. Schon allein deswegen wäre es diskriminierend, nach der „Würfelmethode“ nur einen Vormund auszuwählen und hierdurch die andere Pflegemutter grundlos im Familienverband zurückzusetzen.